Diesen Vortrag sollte Michael Hesemann am 24. September 2015 auf einer “Bürger-Talkshow” zur Flüchtlingsfrage halten. Leider musste die Veranstaltung abgesagt werden, nachdem der Betreiber der Austragungsstätte von linken Antifa-Chaoten massiv bedroht worden war. Der Grund: EINER der drei Diskussionsteilnehmer, der Düsseldorfer Rechtsanwalt Alexander Heumann, hatte im Dezember 2014 eine islamkritische Demo organisiert. Die Bürger-Talkshow hatte sich auf die Fahne geschrieben, ALLE Seiten zu hören und offen mit Kritikern wie Befürwortern der Asylpolitik der Bundeskanzlerin in Dialog zu treten.
Hesemann war dabei als Advokat der verfolgten Christen und der christlichen Flüchtlinge eingeladen. Hier sein Vortrag, der nie gehalten wurde:

Die Geschichte des Islam ist mit der des Christentums kaum zu vergleichen.

Was das Christentum ausmacht

Jesus von Nazareth verkündete drei Jahre lang sein Evangelium, bevor er sich ohne Widerstand von seinen Gegnern verhaften, foltern, verurteilen und hinrichten ließ.
Er besiegte den Tod wie den Unglauben, indem er am dritten Tag von den Toten auferstand.
Seine Jünger gingen daraufhin hinaus in alle Welt, um die Menschen für den neuen Glauben zu gewinnen. Wer von ihren Worten und Taten überzeugt war, wurde getauft und damit in die neue Gemeinschaft aufgenommen. Dabei stießen die Apostel auf allerlei Widerstand. Sie wurden allesamt mehrfach inhaftiert, gefoltert und erlitten fast ausnahmslos das Martyrium.

Den jungen Gemeinden ging es kaum besser. Im Jahre 64 etwa holte der römische Kaiser Nero zum großen Vernichtungsschlag gegen die römische Gemeinde aus; Hunderte wurden gekreuzigt und mit Teer überschüttet, um als lebendige Fackeln die neronischen Gärten zu beleuchten. Andere wurden in der Arena den Löwen vorgeworfen. Auch spätere Kaiser wie Domitian, Decius, Valerian und insbesondere Diokletian verfolgten die Christen. Allein der diokletianischen Verfolgung im Jahre 303 fielen allen in Ägypten über 800.000 Christen zum Opfer. Die ganze Zeit über gaben sich die Christen völlig gewaltlos ihren Verfolgern hin; sie wählten die Nachfolge Christi in der Überzeugung, dadurch Ewiges Leben zu gewinnen. Erst als das Christentum 313 durch das Toleranzedikt von Mailand zur religio licita und durch Theodosius 380 zur Staatsreligion wurde, gab es Christen im Staatdienst und an der Waffe. Seitdem dürfen Christen trotz ihres Glaubens kämpfen, wenn der Krieg ein gerechter, also ein Verteidigungs- oder Präventionskrieg ist. Es ist und war ihnen aber immer verboten, mit gewalttätigen Mitteln ihren Glauben zu verbreiten.

Was den Islam ausmacht

Anders der Islam. Seitdem der „Prophet“ Muhammad im Jahre 622 von seinen Gegnern aus Mekka vertrieben wurde, wurden seine „Suren“ – angebliche Offenbarungen Gottes, die spätere Anhänger im Qur’an zusammenfassten – immer gewaltverherrlichender. In seiner neuen Heimat Medina sammelte er Anhänger, mit denen er einen Zermürbungskrieg gegen Mekka begann. Nach mehreren Überfällen auf mekkanische Karawanen und einer siegreichen Feldschlacht gegen mekkanische Truppen kam es zur kampflosen Einnahme der Stadt. Die jüdischen Stämme der benachbarten Oasen sollten zunächst die Hälfte ihrer Ernte als Schutzgeld an die Muslime abzutreten – ein Fünftel davon an Muhammad persönlich. Später forderte Muhammad sie dreimal auf, sich zum Islam zu bekehren. Als sie sich weigerten, wurden sie entweder vertrieben oder massakriert; nur die Frauen und Kinder verschonte man und machte sie zu Sklaven.
Nachdem er sich in Mekka etabliert hatte, schrieb Muhammad Briefe an den Kaiser in Konstantinopel, den Schah von Persien, den Gouverneur von Ägypten, den König von Ghassan und den Negus von Äthiopien, die er aufforderte, sich zum Islam zu bekehren. Ihr Inhalt war stets derselbe:

„Ich lade dich zum Islam ein. Akzeptiere den Islam und du wirst sicher sein. Gott wird dir eine doppelte Belohnung zukommen lassen. Wenn du dich aber von der Botschaft Gottes trennst, wirst du die Sünden aller deiner Anhänger tragen.“

Als diese Einladung mal mehr, mal weniger höflich abgelehnt wurde, schickte Muhammad seine Truppen los. So ist der erste historische Beleg für die Existenz des „Propheten“ ausgerechnet eine syrische Chronik, verfasst von Thomas dem Presbyter um 640, in der es heißt: „Am 4. Februar 634 (tatsächlich: 630) am frühen Morgen fand ein Kampf zwischen den Byzantinern und den Arabern Mohammeds statt.“
Dieser von Mohammed geführte Feldzug fand in den oft zitierten Versen der Sure 9 (At-Tauba) als Kriegserklärung an die nichtmuslimische Außenwelt ihren Niederschlag:

„Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – (kämpft gegen sie), bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten!“– 9:29

Dieser und die darauf folgenden Verse fordern vor dem Hintergrund der Ereignisse des Jahres 630 dazu auf, auch die Christen zu bekämpfen, bis sie „freiwillig“ die Dschizya, eine Art Schutzgeld, entrichteten.
Zwei Jahre nach diesem ersten Beutezug im Namen des Islam starb Muhammad. Er war zugleich der Startschuss zu der sogenannten islamischen Expansion. Innerhalb von nur 80 Jahren eroberten Muslime ganz Nordafrika und Spanien sowie den gesamten Vorderen Orient. Zu Hilfe kam ihnen dabei die Uneinigkeit der Christen. Oft genug zogen monophysitische Christen die scheinbare Toleranz des Islam der Verfolgung als Häretiker durch orthodoxe Gläubige sowie den hohen Steuern der Byzantiner vor. Ein Fehler mit verheerenden Folgen: Denn kaum hatten sie sich freiwillig unterworfen, begannen die Schikanen.

Die sogenannten „Ungläubigen“ galten nun als „Schutzbefohlene“ (dhimmies) mit stark beschränkten Rechten, die eine spezielle Kopfsteuer (besagtes Schutzgeld, die Dschizya) bezahlen mussten. Ihnen wurde verboten, ihren Glauben in der Öffentlichkeit auszuüben, auch der Neubau von Kirchen war untersagt. Sie durften keine Waffen tragen und kein Pferd reiten, mussten oft bestimmte Kleidung in speziellen Farben tragen. Vor Gericht galt ihre Aussage wenig, kein Moslem konnte ihretwegen verurteilt werden, selbst ein Mord an einem Christen wurde nicht bestraft. Diese Schikanen sollten die Christen nötigen, den Islam anzunehmen, was zu einer allmählichen Islamisierung führte. Aufstände, von denen es allein in Ägypten zwischen 725 und 773 sechs gab, wurden blutig niedergeschlagen, Kirchen immer wieder geplündert und zerstört. Mein Buch „Jesus in Ägypten“ liefert eine ganze Chronik solch gewaltsamer Übergriffe, die sich wie eine Blutspur durch die ganze jüngere Geschichte der koptischen Kirche erstrecken. So wurden unsere Brüder und Schwestern im Orient zu einer wahren Kirche der Märtyrer – und das bis in die Gegenwart hinein.

1400 Jahre Christenverfolgung im Islam

Christenverfolgung im Islam ist also kein modernes Phänomen. Sie ist so alt wie diese Religion selbst. Nicht erst heute, unter dem islamischen Staat, werden unsere Brüder und Schwestern im Orient diskriminiert und massakriert, sondern seit beinahe 1400 Jahren. Ja, es gab immer wieder Phasen der Toleranz, aber auch Phasen des Fundamentalismus. Ein gleichwertiges Zusammenleben der Religionen aber wurde in der islamischen Welt erst im 20. Jahrhundert möglich – etwa unter sozialistischen Regimen wie Nasser in Ägypten oder der Baath-Partei in Syrien und im Irak. Ausgerechnet jenen Regierungen freilich, die wegen ihrer großen Nähe zu Russland im Westen der „Achse des Bösen“ zugerechnet wurden.
Es ist leider eine traurige Tatsache, dass der Westen immer dann über die Verfolgung und Ermordung von Christen im Nahen Osten schweigt, wenn dies als politisch opportun erscheint.

Verschwiegen: Der Völkermord an den Armeniern und Assyrern

So war es, als der osmanische Sultan in den Jahren 1894-96 im Osten der heutigen Türkei diverse Massaker gegen christliche Armenier anordnete, deren einziges Vergehen es war, Rechte und Mitbestimmung zu fordern; beinahe 300.000 fielen diesen Blutbädern zum Opfer, doch ausgerechnet der deutsche Kaiser, der treueste Freund des Sultans, ordnete Stillschweigen an. Nach dem Sultan ergriffen in der Türkei die sog. Jungtürken die Macht, deren Ideologie der des späteren Faschismus ähnelte. Sie wollten die Türkei ethnisch und religiös homogenisieren und massakrierten im 1. Weltkrieg Hunderttausende männliche armenische und syrische Christen, während ihre Frauen, Kinder und Greise auf endlose Todesmärsche quer durch das anatolische Bergland in die syrische Wüste geschickt und auf dem Weg immer wieder überfallen, ausgeraubt und vergewaltigt wurden. Andere Frauen und Kinder wurden in die Sklaverei verkauft; 1,5 Millionen Armenier und etwa 300.000 syrische Christen fielen diesem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts zum Opfer. Und Deutschland? „Wir müssen die Türken als Verbündete an unserer Seite halten, bis der Krieg zuende ist, auch wenn Armenier darüber zugrunde gehen“, erklärte der deutsche Reichskanzler Bethmann-Hollweg dazu.

Als Papst Franziskus am 12. April dieses Jahres zum 100. Jahrestag der ersten dieser Deportationen gemeinsam mit den drei armenischen Patriarchen eine Gedenkfeier im Petersdom zelebrierte, blieb ausgerechnet die deutsche Vatikanbotschafterin Annette Schavan ihr demonstrativ fern. Frau Merkel hatte zuvor den Völkermord an den Armeniern als „bilaterale Angelegenheit zwischen Armenien und der Türkei“ bezeichnet und jede deutsche Mitschuld durch demonstratives Wegschauen bestritten. Außenminister Steinmeier bezeichnete sogar die „Sprachlosigkeit“ zwischen den beiden Nationen als das „eigentliche Problem“, so als müssten die Opfer eines Völkermordes ihre Mörder erst noch um Entschuldigung bitten. Auf mein Schreiben hin machte sich sein Staatsminister Michael Roth ganz die Position Ankaras zu Eigen, zunächst müsse eine – natürlich von Erdogan berufene – Historikerkommission klären, was 1915 eigentlich geschah, auch wenn die Aussage aller bekannten Dokumente dazu, von denen ich allein 3000 im Vatikanarchiv entdeckte, mehr als eindeutig ist.

So wenig sich die Bundesregierung um Gerechtigkeit für die Opfer des Völkermordes von 1915 bemüht, so wenig engagiert sie sich für die Opfer der modernen Christenverfolgung in Syrien und im Irak, die erneut die Dimensionen eines Völkermordes angenommen hat.

Die Situation der Christen im Irak

Beginnen wir mit dem Irak. Das Evangelium wurde ab 30 n.Chr. durch die Apostel Judas Thaddaeus und Thomas den Assyrern verkündet,  was zu einer Massenbekehrung führte. Seit dem 1. Jahrhundert ist Nordmesopotamien Zentrum einer christlichen Kultur, die eine umfangreiche Literatur in aramäischer Sprache hervorbrachte. Seit der islamischen Eroberung wurden die assyrischen Christen speziell wegen ihrer Ärzte und Wissenschaftler erst hoch geschätzt, dann, seit dem 14. Jahrhundert, aber auch immer wieder zu Opfern von Massakern und Verfolgungen. Allein die Eroberung des Landes durch den Türken Tamerlan führte zur Enthauptung von 160.000 christlichen Assyrern in Bagdad und Tikrit.  Trotzdem lebten speziell im Norden des Irak noch im Jahre 2003 über 1,5 Millionen Christen, 8 % der Bevölkerung. Unter Saddam Hussein waren ihre politischen Ambitionen zwar unterdrückt worden, es herrschte aber Religionsfreiheit. Auch Vizepräsident Tariq Aziz war Christ.

Die amerikanische Besetzung des Irak im Jahre 2003 machte den Weg frei für einen blutigen Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten und einseitige Gewalt gegen die Christen. Eine Reihe von Gewaltakten führte zu einem Massenexodus, sodass ihre Zahl bis 2012 auf 450.000, bis heute – durch das Vordringen des IS – auf ca. 100.000 sank. Es kam zu Angriffen auf Kirchen mit Dutzenden Toten. Zwischen 2006 und 2008 wurden drei Priester, drei Diakone und zwei Erzbischöfe entführt, geköpft und verstümmelt, weil sie sich weigerten, zum Islam zu konvertieren. Allein im Januar 2008 explodierten Bomben vor neun Kirchen. 2010 wurden Menschen auf den Straßen von Mossul angehalten, nach ihrem Pass gefragt und auf der Stelle erschossen, wenn sie einen assyrischen oder aramäischen Namen trugen. Im Oktober 2010 wurden 58 Gläubige und ihr Priester bei einem Überfall auf die assyrisch-katholische Kirche von Bagdad ermordet. Verantwortlich zeichnete der Islamische Staat Irak, der die Christen als „legitimes Ziel“ bezeichnete. Im November begann der Beschuss des assyrischen Stadtviertels von Bagdad mit Bomben und Mörsergranaten. Berichte von Massenenthauptungen von Männern, aber auch von schwangeren Frauen und Kindern machten die Runde. Wer es sich leisten konnte, floh ins Ausland, die Ärmeren in den Norden des Landes, etwa in das kurdisch kontrollierte Arbil.

2014 erließ der IS ein Dekret, dass jeder Christ eine Dschizya von $ 470,– zahlen, sich zum Islam bekehren oder sterben solle. Ihre Häuser wurden mit dem arabischen Buchstaben Nun für „Nassarah“=Christen gekennzeichnet. Zwei Wochen später erklärte der IS, es bliebe den Christen nur noch die Alternative Flucht oder Tod. Ihre Häuser wurden konfisziert, die Fliehenden noch ihrer Güter beraubt. Einige Dutzend, die zurückblieben, wurden gezwungen, das islamische Glaubensbekenntnis zu sprechen, um danach ohne Betäubung beschnitten zu werden. Wie der Chaldäisch-katholische Patriarch Louis Sako erklärte, blieb in Mossul zum ersten Mal in den letzten 2000 Jahren kein Christ zurück.

Die Situation der Christen in Syrien

Ähnlich katastrophal entwickelte sich die Situation für die Christen in Syrien, das vor dem „arabischen Frühling“ als das Land mit dem höchsten Grad an Religionsfreiheit im ganzen arabischen Nahen Osten galt – ein Paradies für die Christen, die, frei von aller Diskriminierung, ihren Glauben auch öffentlich praktizieren konnten, stets unter dem Schutz der laizistischen Assad-Regierung. Sie machten etwa 10 % der Bevölkerung aus. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung nach meinen Gesprächen mit drei syrischen Patriarchen, Dutzenden Bischöfen und Priestern und über Hundert Gläubigen versichern, dass die meisten Christen noch heute nicht nur treu zur Assad-Regierung stehen, sondern den Präsidenten auch von all den angeblichen Kriegsverbrechen freisprechen, die ihm in den westlichen Medien unterstellt werden. So gibt es nicht den geringsten Beweis für den Einsatz von Giftgas durch Regierungstruppen. Natürlich kämpft die Regierung gegen die islamistischen Terroristen, die Dank ausländischer Unterstützung mittlerweile einen Großteil des Landes kontrollieren.

Während westliche Medien gerne die Legende von einer „friedlichen, demokratischen Opposition“ in Syrien verbreiten, zeichnet ein Geheimbericht des US-Verteidigungsnachrichtendienstes DIA von August 2012, der im Mai 2015 per Gerichtsbeschluss – wenn auch stark zensiert – freigegeben werden musste, ein ganz anderes Bild. Darin heißt es wörtlich: „Intern nehmen die Ereignisse deutlich Züge eines Religionskrieges an. Die Salafisten, die Moslem-Bruderschaft und die al-Qaeda Irak sind die Hauptkräfte hinter den Aufständen in Syrien. Der Westen, die Golfstaaten und die Türkei unterstützen die(se) Opposition, während Russland, China und der Iran das (Assad-) Regime unterstützen.“

Die Christen wurden schon 2011 von den islamistischen Gruppen angegriffen, weil sie sich nicht an den Protesten gegen Assad beteiligten. Als die „Rebellen“ von der US-unterstützten und in der Türkei ausgebildeten FSA – Free Syrian Army – das Dorf Yakubiyah im Norden des Landes eroberten, flohen die dortigen armenischen Christen, ihre Kirchen wurden zerstört, das Gelände als Müllkippe verwendet. Alles, was die Armenier zurückgelassen hatten, fiel Plünderern zum Opfer.  Die Katholiken wurden zunächst verschont, um ein paar Monate später ebenfalls ins Visier der „Rebellen“ zu geraten.  Unter dem Vorwand, auch sie seien Assad-Anhänger, wurde ihr Besitz beschlagnahmt. Im November 2013 berichtete ein Flüchtling, es seien jetzt die letzten Christen aus Yakubiyah geflohen, nachdem sechs ihrer Glaubensbrüder geköpft und 20 gekidnappt worden waren. Der Zeuge betonte, dass nicht etwa der IS oder al-Nusra für diese Gräueltaten verantwortlich zeichneten, sondern die US-finanzierte FSA. Tatsächlich berichteten auch Mitglieder der syrisch-orthodoxen Kirche von einer „andauernden ethnischen Reinigung“, einem Völkermord an Christen durch die FSA. So wurden 90 % der Christen aus der alten Bischofsstadt Homs von den „Farouq-Brigaden“ der FSA vertrieben, ihr Eigentum konfisziert. Nur die katholischen Jesuiten durften bleiben. Von den einst 160.000 Christen, die vor dem Bürgerkrieg in Homs leben, sind maximal 1000 bis heute geblieben. Ihre Kirchen fielen dem Vandalismus der „Rebellen“ zum Opfer, ihre Ikonen wurden geschändet. Die berühmteste Kirche der Stadt, der Gottesmutter geweiht, wurde zur Geschützstellung der FSA.  In Qusayr bei Homs, wo vor dem Krieg 10.000 Christen lebten, wurde den Christen ein Ultimatum gestellt, die Stadt zu verlassen. Die Männer derer, die blieben, wurden brutal ermordet.

Auch als die FSA Ende 2012 Ras-ul-Ain am Euphrat einnahm, mussten die assyrischen Christen der Stadt fliehen. Die syrisch-orthodoxe Kirche der Stadt wurde gestürmt und verwüstet.
Im November 2012 überfielen FSA-Rebellen das armenische Viertel von Aleppo und brannten die uralte St. Georgs-Kirche nieder. In der Nähe der Stadt wurden 10 Christen, darunter 7 Armenier, getötet. In Damaskus explodierte am gleichen Tag eine Bombe im armenischen Bezirk, die 10 Menschen tötete und 50 verwundete.
Am 23. April 2013 wurden der griechisch-orthodoxe und der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Aleppo von einer FSA-Einheit gekidnappt; ihr Schicksal ist nach wie vor unbekannt.
Am 23. Juni wurde der syrisch-katholische Priester Francois Murad von FSA-Rebellen in Ghassaniyah ermordet, als er in einem Franziskanerkloster Zuflucht suchte.
Im Oktober 2013 wurden 1500 christliche Familien in Sada bei Homs von Rebellen der al-Nusra-Front als Geiseln festgehalten. 45 Christen, darunter zwei Teenager, deren Mutter und drei Großeltern, wurden ermordet, ihre Leichen in einen Brunnen geworden. Alte und Kranke wurden gequält und stranguliert.
Im März 2014 überfielen Islamisten die überwiegend von Armeniern bewohnte Kleinstadt Kasab und vertrieben ihre 3500 Einwohner.
Im Juni 2014 vertrieb der IS Tausende Christen der Provinz Raqqa und konfiszierte ihr Eigentum.
Im Februar 2015 überfiel der IS mit 40 Fahrzeugen die christlichen Dörfer im Khabur-Tal, verwüstete Kirchen oder brannte sie nieder und nahm Dutzende Christen als Geiseln. Tausende flohen daraufhin. Von den einst 4000 Christen dieser blühenden Dörfer blieben gerade einmal 300 zurück.
Am 22. Mai 2015 wurde der katholische Ordensmann und Pfarrer Pater Jacques Mourad, Leiter des Klosters Mar Elian, von „Rebellen“ entführt, sein Begleiter ermordet.
Im August 2015 flohen Hunderte Christen aus Karjatain vor dem IS. 230 Christen waren zuvor als Geiseln festgenommen worden, darunter 60, die sich in einer Kirche verschanzt hatten. 19 junge Frauen wurden hingerichtet, weil sie nicht bereit waren, sich den IS-Kämpfern hinzugeben. Das 1500 Jahre alte Kloster Mar Elian wurde zerstört. Wie die amerikanische Menschenrechtsorganisation “Christian Freedom International” vermeldete, funktionierte der IS eine andere christliche Kirche in eine Folterkammer für Christen um, die dazu gezwungen werden sollen, den Islam anzunehmen. Wer sich den Befehlen der Terrormilizen widersetzte, wurde verstümmelt oder gekreuzigt – darunter selbst Kinder.

Die Mitschuld des Westens

Dieser unvollständige Überblick mag genügen, um einen Eindruck vom Ernst der Lage in Syrien zu vermitteln. Nicht eine einzige „Rebellen“gruppe, auch nicht die von den USA finanzierte, angeblich gemäßigte FSA, verschont die Christen. Sollte es zu einem Sieg der „Rebellen“ im syrischen Bürgerkrieg kommen, wäre ihr Schicksal besiegelt. Zusammen mit den Alawiten, der Glaubensgemeinschaft, der Präsident Assad angehört, müssten sie bestenfalls mit Vertreibung, wahrscheinlich aber auch mit Massakern rechnen. Der 2000 Jahre alten Kirche Syriens, einer der Wiegen der Christenheit, droht die Auslöschung. Durch seine Unterstützung – laut dem „Wall Street Journal“ vom 26. Juni 2014 wurden die „Rebellen“ durch eine von Präsident Barack Hussein Obama unterzeichnete Executive Order mit 500 Millionen Dollar finanziert – der islamistischen Terrormilizen macht sich der Westen zum Financier eines neuen Völkermordes an syrischen und armenischen Christen.

Es würde den Rahmen dieser Veranstaltung sprengen, wenn ich jetzt noch die Christenverfolgungen in Nigeria, Eritrea oder in Libyen erwähnte. Die schrecklichen Bilder der von IS-Schergen enthaupteten koptischen Christen an der libyschen Mittelmeerküste sind uns allen noch in schrecklicher Erinnerung. Noch nie hat es so viele Märtyrer gegeben wie in unserer Zeit. Doch weil diese Veranstaltung die Flüchtlingskrise zum Thema hat, möchte ich es beim Irak und Syrien belassen, den Ländern, aus denen ein Großteil der Flüchtlinge stammen, die in diesen Tagen in Scharen nach Europa strömen.

Was unsere Verantwortung ist

Ich möchte aber nicht die Gelegenheit versäumen, zur Solidarität mit ALLEN Flüchtlingen, gleich welcher Konfession, aufzurufen. Der Bürgerkrieg in Syrien und Irak ist das Produkt des „Arabischen Frühlings“, den der Westen ausgelöst und unterstützt hat. In seiner politischen Ambition, Ägyptens Mubarak, Libyens Ghaddafi oder Syriens Assad zu entmachten, hat die westliche Politik diese Länder ebenso wie den Irak seit der US-Invasion von 2003 in Chaos und Bürgerkrieg gestürzt. Solange die islamistischen Terrorbrigaden von den USA, der Türkei, den Golfstaaten und den Saudis finanziert werden, wird auch der Bürgerkrieg in Syrien nicht enden. Für seinen Ausgang gibt es zwei Alternativen. Siegen die Rebellen, wird Rache an allen genommen, die dem alten Regime nahe standen: Es wird Massaker an Alewiten, Schiiten und Christen geben. Darum ist die einzige Lösung, die Unterstützung der Terrorbrigaden sofort einzustellen und gemeinsam mit der Assad-Regierung, die auf jeden Fall das kleinere Übel ist, die Ordnung im Lande wiederherzustellen. Nur dann können die Flüchtlinge wieder heimkehren, nur dann wären die Christen in ihrer jahrtausendealten Heimat wieder sicher.

Wir sind menschlich und moralisch verpflichtet, allen Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren. Das aber muss mit Herz und Verstand geschehen. Dazu gehört, zu unterscheiden, wer wirklich in Not ist; Familien sollten Vorrang vor einzelnen jungen Männern haben, bei denen oft nicht einmal klar ist, ob es sich tatsächlich um syrische Flüchtlinge oder vielleicht um (ehemalige?) Angehörige der Terrorbrigaden handelt. Zudem plädiere ich für eine Trennung der Flüchtlinge nach Religionszugehörigkeit. Nicht, um jemanden zu diskriminieren, sondern um Diskriminierung in den Flüchtlingsunterkünften, wie sie uns leider in vielen Fällen berichtet wurde, zu vermeiden. Und natürlich, um die jeweiligen religiösen Bedürfnisse zu berücksichtigen und eine Seelsorge zu organisieren.

Selbstverständlich gebührt allen Flüchtlingen, die Opfer, keine Täter sind, unsere Solidarität und Fürsorge. Aber als Christen sollten wir am Schicksal unserer Glaubensbrüder besonders Anteil nehmen. Auch das ist genuin christliches Denken. „Lasst uns … allen Gutes tun, besonders aber den Glaubensgenossen“, lehrte schon der hl. Paulus (Gal 6,10). In einer Zeit, in der wir die christlichen Wurzeln unserer Zivilisation zu vergessen scheinen, können unsere christlichen Brüder und Schwestern aus den Mutterländern unseres Glaubens uns helfen, unser Wurzeln neu zu entdecken. Ihre Frömmigkeit, ihr gelebter Glaube und ihr Gebet in der Sprache Jesu kann uns alle nur bereichern.

Vor allem aber dürfen wir nicht länger wegschauen, nicht verschweigen, welches Leid unsere Glaubensgeschwistern in ihrer Heimat erdulden. Totschweigen tötet, das gilt in diesem Fall mehr denn je. Zurecht hat Papst Franziskus die “Globalität der Indifferenz”, der kollektiven Gleichgültigkeit angeprangert, die den Terror erst möglich macht und die Christen im Nahen Osten ihren Mördern ausliefert. Wenn wir schweigen, wird ihr Blut über uns kommen, werden wir mitschuldig an ihrem Martyrium. Ihr Schicksal sollte, ja darf uns nicht gleichgültig sein!

http://www.michaelhesemann.info

 

 

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