Im Unterschied zu den meisten Auftritten bei der 70. UN-Vollversammlung ist die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin es wert, analysiert zu werden, denn darin hat er die Denkweise der USA bloßgelegt, auf die sich die aktuelle Sicherheitskrise in der Welt zurückführen lässt, findet der US-amerikanische Publizist Patrick Buchanan.
Der frühere PR-Chef der Administration von US-Präsident Ronald Reagan verwies auf das Schicksal der Länder, die eine „amerikanische Invasion“ erleben mussten. So kämpfen die afghanischen Truppen jetzt, 14 Jahre nach der US-Intervention in diesem Land, immer noch gegen die Taliban — aktuell um die Stadt Kundus. Zehn Jahre nach der vom damaligen US-Präsidenten George Bush Jr. getroffenen Entscheidung zur Invasion in den Irak hat die Terrorgruppierung “Islamischer Staat” Mosul, die zweitgrößte Stadt in diesem Land, und die größte Provinz Anbar unter ihre Gewalt gebracht, während die Behörden in Bagdad sich von den USA in Richtung Iran abwenden.
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Die damalige „Befreiung“ sei den Irak teuer zu stehen gekommen: Sie habe Hunderttausende Menschen das Leben gekostet, eine Massenflucht der Iraker aus ihrer Heimat ausgelöst und zu einem nicht enden wollenden Krieg geführt.
„Und wie geht es Libyen, nachdem wir es ‚befreit‘ haben?“, fragte Buchanan rhetorisch weiter. „Seine Staatlichkeit wurde zerstört; das Land selbst ist durch den Bürgerkrieg zwischen den Islamisten der ‚Libyschen Morgenröte‘ in Tripolis und den Protegés des ägyptischen Diktators in Tobruk gespalten.“
Putins Worte „Versteht Ihr wenigstens jetzt, was Ihr angestellt habt?“, die er am UN-Rednerpult sagte, hält der Autor für einen Versuch, die ideologischen Wurzeln der Katastrophe aufzuspüren, zu der die aktuelle Nahost-Politik der USA geführt hat. Nach seiner Auffassung hat der Kremlchef in seiner Rede den fundamentalen Widerspruch angedeutet, der nicht nur für die Lage im Nahen Osten typisch ist, sondern für das gesamte internationale Sicherheitssystem: den Widerspruch zwischen der staatlichen Souveränität und einer nicht genehmigten Einmischung, bei der es sich im Grunde um den gewaltsamen „Export“ der Weltansichten des US-Establishments in andere Staaten handelt.
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„Im Unterschied zu den meisten Auftritten im Rahmen der jüngsten Tagung der 70. UN-Vollversammlung ist die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin es wert, analysiert zu werden. Er hat darin nicht nur die Denkweise der USA hervorgehoben, dank der weltweit ein Chaos ausgebrochen ist, sondern auch den wichtigsten Grund der ‚Neuauflage‘ des Kalten Krieges offensichtlich gemacht“, so der Experte.
Nach seiner Auffassung steht im Mittelpunkt dieser Idee die These: Falls die amerikanischen Eliten weiterhin auf ihrem Recht, sich in innere Angelegenheiten anderer Nationen einzumischen, bestehen und diese zwingen werden, sich dem amerikanischen Ideal einer ‚richtigen‘ Gesellschaft oder der legitimen Macht anzupassen, könnte es zu einem ewigen Konflikt kommen. Dieser Konflikt würde früher oder später in einem Krieg enden, denn immer neue Nationen würden dem „moralischen Imperialismus“ der Vereinigten Staaten widerstehen.
Buchanan zufolge hat Putin in seiner Rede zugleich auch eine Antithese geäußert: Jede Nation hat das Recht, in ihren politischen Institutionen ihre Geschichte, ihre Überzeugungen, Werte und Traditionen erkennbar zu machen.
„Früher, und zwar vor nicht allzu langer Zeit, hatten die Amerikaner keine Probleme damit: Sie wussten, dass Regimes auch unterschiedlich sein können. Noch mehr als das: Das Prinzip der Nichteinmischung war einer der ‚Eckpfeiler‘ der amerikanischen Außenpolitik. (…) Ist vielleicht die Zeit gekommen, unseren ‚Elfenbeinturm‘ zu verlassen und die lebenswichtigen Interessen anderer souveräner Nationen zu respektieren?“, fragt Patrick Buchanan zum Schluss.